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Bundestagsabgeordnete haben hohes Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse

"Leopoldina-Diskussion" "Leopoldina-Diskussion" HP-SL

In Deutschland gibt es bisher kaum Erhebungen dazu, wie Bundestagsabgeordnete wissenschaftliche Expertise nutzen.

Internationale Erfahrungen zeigen jedoch, dass diese Information wichtig für den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik ist. Deswegen hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) mit einer Befragung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und ihrer Mitarbeitenden beauftragt. Die Ergebnisse sind heute im Diskussionspapier "Nutzen von wissenschaftlicher Evidenz – Erwartungen an wissenschaftliche Expertise" erschienen und wurden durch die Autorinnen und Autoren interpretiert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären Fragestellung, Methode und Ergebnisse der Befragung und skizzieren Schlussfolgerungen für die wissenschaftsbasierte Politikberatung. Ein Fazit: Der Bedarf an verständlich und komprimiert aufbereiteten wissenschaftlichen Ergebnissen ist hoch. "Die Ergebnisse zeigen, dass die Befragten ein recht hohes Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse haben. Dies erklärt auch den relativ hohen Stellenwert, den sie wissenschaftlichen Quellen im Vergleich zu anderen Referenzen beimessen", sagt die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Regina T. Riphahn, Ph.D., Vizepräsidentin der Leopoldina und Mitinitiatorin der Befragung. Knapp die Hälfte der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer stimmt der Aussage zu, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in angemessenem Umfang im politischen Entscheidungsprozess berücksichtigt werden, mehr als ein Drittel sehen eher eine zu geringe Berücksichtigung, so die Befunde des Diskussionspapiers. Laut der Befragung existiert ein hoher Bedarf an verständlich und komprimiert aufbereiteten wissenschaftlichen Ergebnissen. Die Bundestagsabgeordneten und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen sich gut in der Lage, die Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse einzuschätzen. Auffällig ist, dass der Stellenwert wissenschaftlicher Erkenntnisse mit zunehmender Dauer der Tätigkeit im Bundestag abnimmt. Die Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse wird wegen Zeitmangel und ihrer fehlenden konkreten Nutzbarkeit jedoch erschwert. Die Befragungsergebnisse unterscheiden sich hier leicht nach Geschlecht und Fraktionszugehörigkeit. Beispielsweise sehen die befragten Frauen die mangelnde Zugriffsmöglichkeit auf wissenschaftliche Erkenntnisse als Faktor, die befragten Männer hingegen eher die mangelnde Nutzbarkeit für konkrete Entscheidungsprozesse beziehungsweise ein fehlendes Verständnis für politische Prozesse bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Autorinnen und Autoren leiten aus den Ergebnissen folgende Empfehlungen für wissenschaftsbasierte Politikberatung von Bundestagsabgeordneten ab: Um wissenschaftliche Erkenntnisse nutzbar zu machen, sollten sie kurz und allgemeinverständlich aufbereitet werden. Flankierend besteht Bedarf an allgemeinverständlichen Langfassungen, die das methodische Vorgehen transparent und detailliert beschreiben und der tieferen Einarbeitung der Abgeordneten in ein Themengebiet dienen. Zudem sei es hilfreich, wenn konkrete, realitätsnahe Handlungsempfehlungen präsentiert werden. Als wichtige Zielgruppe für die Kommunikation identifiziert das Diskussionspapier auch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundestagsmitglieder. Die Befragung fand Anfang des Jahres 2021 statt und richtete sich an die 709 Mitglieder des Bundestages der 19. Legislaturperiode von 2017 bis 2021 sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 594 Personen nahmen teil. Die Befragung ist Teil der Initiative zur evidenzbasierten Politikgestaltung der Leopoldina, die seit 2018 die Vernetzung von Politik und Wissenschaft zum Thema empirische Grundlagen politischer Entscheidungen fördert. Die Initiative unter Leitung der Leopoldina-Vizepräsidentin Prof. Regina T. Riphahn, Ph.D. und der Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Monika Schnitzer möchte dazu beitragen, evidenzbasiertes Handeln in Exekutive und Legislative stärker zu verankern. Publikationen in der Reihe "Leopoldina-Diskussion" sind Beiträge der genannten Autorinnen und Autoren. Mit den Diskussionspapieren bietet die Akademie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, flexibel und ohne einen formellen Arbeitsgruppen-Prozess Denkanstöße zu geben oder Diskurse anzuregen und hierfür auch Empfehlungen zu formulieren. Das Diskussionspapier "Nutzen von wissenschaftlicher Evidenz ‒ Erwartungen an wissenschaftliche Expertise" ist auf der Webseite der Leopoldina veröffentlicht: www.leopoldina.org/evidenz. Die Leopoldina auf Twitter: www.twitter.com/leopoldina Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat 1.600 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.

Quelle: Leopoldina

Letzte Änderung am Freitag, 05 November 2021 12:40

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